Michael Braun

Mein IT Weblog

Macht Web 2.0 dumm?

Bei Golem fand ich den folgenden Artikel Internetkritiker Keen: Web 2.0 macht dumm. Danach befürchtet Andrew Keen, selbsternannter führender Internet-Kritiker, dass das Web 2.0 die Demokratie nicht fördert, sondern in ein kulturelles Chaos, eine ökonomische Katastrophe und moralischen Niedergang führt. Abgesehen davon, dass man dieses nahezu jeder neuen Kommnunikationsmedium wie Buch, Radio oder auch Fernsehen nachgesagt hat, ist auch diese Aussage viel zu pauschal. Sicherlich verändern Web 2.0 Technologien - also das sogenannte Mitmach-Web - die Welt stark. Vor allem brechen sie die Informationsmonopole und Meinungsmonopole der Medienkonzerne. Sicherlich ist es künftig problematisch, aus der Vielzahl der Quellen unterschiedlichster Qualität die relevanten Informationen herauszufiltern. Mehr denn je ist zukünftig kritisches Denken erforderlich. Auch gehen die Zeiten des (relativ) leichten Geldverdienens im Medienbereich zu Ende. Auf der anderen Seiten können kritische Meinungen nicht mehr so leicht unterdrückt werden wie bisher. So wird in Deutschland die Fernsehlandschaft beherrscht von den öffentlich-rechtlichen Anstalten ARD und ZDF, die wiederum von den großen politischen Parteien CDU/CSU, SPD, FDP und Grüne dominiert werden, auf der einen Seite und den privaten Senderketten RTL (Bertelsmann Gruppe) und ProSiebenSAT1. In der Zeitungslandschaft dominieren ebenfalls wenige große Medienkonzerne wie Springer. Ähnliches gilt im Verlagswesen oder der Musikindustrie. Web 2.0 erlaubt es den Kreativen sich direkt an ihre Abnehmer zu wenden, ohne den Umweg über die Medienkonzerne. Sicherlich darf man dabei nicht erwarten, mit Web 2.0 viel Geld zu verdienen. Andererseits bietet Web 2.0 auch eine gute Vermarktungsplattform für andere Produkte. So müssen Musiker sich künftig darauf einstellen, ihr Geld nicht mehr in erster Linie über CD-Verkauf zu verdienen, sondern wieder mehr durch Live-Auftritte. Die einmalige Leistung im Plattenstudio wird künftig nicht mehr so hoch honoriert werden. Andererseits können sich künftig Künstler leichter als bisher selbst vermarkten und sind damit nicht mehr so stark auf die großen Plattenlabels angewiesen, womit sie auch wieder mehr künstlerischen Freiheiten geniessen. Ähnliches gilt für Autoren. Dienste wie Books-on-Demand oder lulu.com erlauben, das Veröffentlichen auch unabhängig von Verlagen. Was schon Reich-Ranicki über das Fernsehen sagte, gilt auch für das Web 2.0: Das Web 2.0 macht die Schlauen schlauer und die Dummen dümmer.
Im übrigen sind viele Web 2.0 Inhalte nicht zwangsläufig immer für die breite Öffentlichkeit bestimmt, auch wenn das Internet dies ermöglicht, sondern nur für eine bestimmte Community.